Habemus Papam: Bischof Jóns katholisches Erbe


“Habemus Papam” hörte man heute auf dem Petersplatz und in aller Welt. Wie schon 266 Male zuvor hat die katholische Christenheit nun einen neuen Stellvertreter des Apostels Petrus auf Erden. Auch auf Island werden die Katholiken gespannt den Schornstein an der Sixtinischen Kapelle beobachtet haben, aus dem schon heute Abend am zweiten Tag vom Konklave der Kardinäle weißer Rauch in den Abendhimmel stieg. Der neue Papst Leo XIV. stand nur einige Minuten später vor den Gläubigen und trat damit in die Fußstapfen seines Vorgängers Franziskus. Nun ist Island eigentlich eine überwiegend protestantische Nation, und zwar gibt es auf der Insel auch katholische Gemeinden, aber diese sind zahlenmäßig klar in der Unterzahl. Wie kam es eigentlich dazu?

Die Christianisierung Islands, welches in den ersten Jahrzehnten seiner Besiedlung noch den alten Nordischen Göttern anhing, wurde zunächst durch den norwegischen König Olav I. Tryggvason betrieben und begann etwa im Jahr 1000. Zu dieser Zeit schickte Olav, nach der Christianisierung Norwegens, auch Missionare nach Island, um den dortigen Siedlern die frohe Botschaft zu überbringen. Das Ergebnis war zunächst enttäuschend: Zwar schafften es die Missionare , ein paar Häuptlinge zu taufen, aber sie mussten dem König mitteilen, dass die meisten Isländer an der neuen Religion kein Interesse hatten. Nun muss man dazu sagen, dass der Missionar Þangbrandur das mit der Barmherzigkeit Jesu nicht ganz verstanden haben kann, denn anstatt die andere Wange hinzuhalten, neigte er dazu, die Männer, die ihn verspotteten, direkt umzubringen. Nach ein paar Zwischenfällen war der Norweger auf Island nicht mehr so gern gesehen und musste die Insel verlassen. Von daher kann man es eigentlich gut verstehen, dass die Isländer von der “Message” dieses Haudegens nicht allzu sehr angetan waren.

Vielleicht hatte Þangbrandur seinem Auftraggeber König Olav aber nicht die ganze Geschichte seiner Islandfahrt erzählt und den einen oder anderen seiner Morde verschwiegen, denn Olav war über die Weigerung der Isländer sehr ungehalten und drohte damit, alle ihre Landsleute in Norwegen töten zu lassen. Gissur und Hjalti, zwei der isländischen Häuptlinge, die sich hatten taufen lassen, schlugen allerdings ein Abkommen vor, um die Wut des Königs zu besänftigen: Sie würden auf dem Alþing, der jährlichen gesetzgebenden Versammlung aller Isländer, das Christentum auf Island per Gesetz einführen. So kam es auch: Zwar waren nicht alle isländischen Häuptlinge von dem Vorschlag begeistert, aber zum Zwecke der Einheit der Religion und der Gesetze, die mit den religiösen Vorstellungen der Menschen damals eng verknüpft waren, stimmte die Versammlung letztendlich doch für die Einführung des Christentums, auch wenn es zunächst erlaubt war, die alten heidnischen Riten weiter zu praktizieren, wenn keine Zeugen anwesend waren. So schreibt es der Gelehrte Ari þorgilsson im “Buch der Isländer” … und selbst wenn ein paar Teile seines Berichts heute unter Historikern umstritten sind, so könnte es doch so oder so ähnlich gewesen sein.

In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich Island zu einer christlichen Nation, wie ganz viele andere zu dieser Zeit auch. Der erste Bischof der Insel wurde Ísleifur Gissurarson, der auf dem Bischofssitz Skálholt in Südisland residierte und von dort aus sein Amt ausübte. Ausgebildet wurde der isländische Geistliche kurioserweise im ostwestfälischen Herford. Im Jahr 1106 wurde dann das zweite Bistum Islands in Hólar gegründet. Es wurden viele Kirchen gebaut und es entstanden sogar einige Klöster, die zur Bildung der Landbevölkerung beitrugen. Die Kirche wurde immer mächtiger und unterstand schon bald nur noch ihren eigenen Gesetzen, ganz wie es auch im Rest Europas der Fall war.

Doch dann hielt die Reformation in Island Einzug: Zunächst waren es deutsche Händler aus Hamburg gewesen, die im 16. Jahrhundert die ersten lutherischen Gottesdienste auf Island abhielten. Die Isländer wehrten sich gegen diese neue Religion und verabschiedeten beim Alþing eine Resolution, die festlegte, dass Island katholisch bleiben würde. König Christian III. setzte allerdings schon bald den lutherischen Glauben in allen seinen Besitzungen durch, zu denen auch Island gehörte. Die Bischöfe Ögmundur von Skálholt und Jón Árason aus Hólar widersetzten sich diesen Anordnungen jedoch standhaft, wohl auch aus einem Gefühl von isländischem Patriotismus und Widerstand gegen die dänischen Herrscher. So konnten diese Bischöfe zwar zunächst ein Abkommen aushandeln, welches ihnen erlaubte, gegen die Zahlung von Steuern katholisch zu bleiben, aber schon bald starb Ögmundur in dänischer Gefangenschaft.

Doch Jón führte den Kampf gegen die dänischen Herrscher, mit Unterstützung des Papstes, fort. Als er durch den dänischen König geächtet wurde, brach im Jahr 1549 ein Bürgerkrieg aus, in dem viele Menschen ihre Leben verloren. Die Rebellion währte jedoch nicht lange. Nach erbitterten Kämpfen wurden Jón und seine beiden Söhne in der Schlacht von Sauðafell in einer Kirche festgenommen und bald darauf am Bischofsitz Skálholt hingerichtet, wo heute ein Gedenkstein an den tapferen Bischof erinnert.

Das sollte das Ende des Katholizismus auf Island für eine lange Zeit werden: erst im 19. Jahrhundert setzten wieder katholische Missionare ihren Fuß auf die Insel und im Jahr 1923 wurde wieder eine Apostolische Präfektur in Island geschaffen, welche im Jahr 1968 zur Diözese erhoben wurde. Erster römisch-katholischer Bischof Islands seit Jón Arason wurde der Rheinländer Martin Meulenberg. Aktueller Bischof von Reykjavík ist der Slowake David Tencer. Auch das Bistum Skálholt existiert nominell als Titularbistum der katholischen Kirche weiter.

Nach dieser wechselvollen Geschichte, ist der Katholizismus auf Island dennoch lebendiger denn je, wie man jüngst bei der Trauerfeier für den verstorbenen Papst sehen konnte. Und wer weiß: vielleicht wird ja der neue Papst Leo IV. sogar irgendwann einmal das Land von Feuer und Eis persönlich mit einem Besuch adeln…!